Verfahrensdokumentation Artikel von Henn in DB 2016 S. 254
Verfahrensdokumentationen nach GoBD
Dipl.-Fw. Martin Henn ist Sachgebietsleiter in einem Kölner Finanzamt und seit mindestens 1998 mit Fragen der steuerlichen Außenprüfung befasst. Ein Fachmann also. Henn hat in der Der Betrieb, der renommierten Wochenschrift für Betriebswirtschaft, Steuerrecht, Wirtschaftsrecht und Arbeitsrecht einen bemerkenswerten Artikel unter dem Titel „Verfahrensdokumentation nach den GoBD“ veröffentlicht (Heft 5, 05.02.2016 Seite 254). Henn weist darauf hin, dass der Artikel nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst wurde, sondern seine Rechtsauffassung wiedergibt. Dennoch kann und muss man die Ausführungen dieses leitenden Finanzbeamten und Mitautors der GoBD unbedingt beachten.
Der Artikel ist zu begrüßen, weil in äußerst klarer Form und Gliederung dargestellt wird, was sich ein leitender Finanzbeamter unter dem Begriff „Verfahrensdokumentation“ vorstellt. Nachfolgend soll keine kritische Gegendarstellung erfolgen. Vielmehr sollen aus dem Artikel ein paar Hinweise für die Praxis abgeleitet werden.
Kleine und mittelständische Betriebe (KMU) werden künftig besonders gefordert. Das ergibt sich besonders aus einer Bewertung am Ende des Artikels von Henn. Zitat: „Derartige formelle Mängel mit sachlichem Gewicht lassen sich regelmäßig nicht mehr rückwirkend beheben und bergen damit für die Unternehmen ein erhebliches Risiko im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen. Es drohen zum Beispiel Schätzungen – ggf. in Form von Sicherheitszuschlägen – oder die Streichung von Betriebsausgaben.“
Beruhigend mag der Hinweis sein, dass es vielen Unternehmen gar nicht bewusst ist, „dass bereits außersteuerliche Rechtsnormen Vorgaben für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation enthalten (z.B. Basel II / III und KWG, BDSG, DIN EN ISO 9001, KonTraG, SOX).“
Wenn solche Unterlagen oder andere Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen, Organisationregeln oder ähnliches vorhanden sind, gilt es diese Dokumente zu sichten und als Basis für die Verfahrensdokumentation zu verwenden.
In jedem Unternehmen bestehen Vorgaben für die täglichen Arbeitsprozesse, wenn auch nicht in Schriftform, so doch mündlich oder aus der gelebten Praxis. Das kann nach Henn als Ergänzung, aber nicht als Ersatz für eine schriftliche Verfahrensdokumentation dienen. Für den Praktiker sind solche überlieferten Abläufe aber eine ganz hervorragende Basis zur Schaffung der schriftlichen Verfahrensdokumentation.
Man muss einfach damit anfangen. Es werden alle Abläufe zur Erstellung der Buchführung beschrieben. Zunächst als ganz einfache Schilderung. Im Zuge der Bearbeitung kann man dann überlegen, wo und wie man die bisherigen Prozesse vereinfachen, verdeutlichen, anwenderfreundlicher und sicherer gestalten kann. Erfahrungen mit der Einführung von Qualitätssicherungssystemen (QMS) – Verfahrensdokumentationen sind Prozessbeschreibungen für QMS sehr ähnlich – zeigen, dass der Einführungsaufwand durch Einsparungen immer ausgeglichen und oft übertroffen wird.
Ein ganz einfacher Tipp: Jeder Prozess muss letztendlich so beschrieben sein, dass ein betriebsfremder, berufserfahrener Außenstehender ihn ohne weitere Anleitung und Unterstützung genauso wie der bisherige Mitarbeiter erledigen kann. Dass Henn sich in seinem Artikel ähnlich äußert (Arbeitsanweisungen „erleichtern neuen Mitarbeitern den schnellen Einstieg“), spricht für seine Sach- und Fachkenntnis. Aus dieser Expertise ergibt sich aber auch, dass für die Unternehmer Handlungsbedarf besteht.
An mehreren Stellen setzt Henn sich in seinem Artikel mit der Ordnungsmäßigkeit und Glaubwürdigkeit von Kassensystemen auseinander. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass sich in diesem Bereich nach wie vor bei vielen Betriebsprüfungen Steuernachholungen und oft auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben. Unternehmer mit Bareinnahmen müssen auf eine beweiskräftige Kassenführung ein besonderes Augenmerk legen. Schließlich ist mehr als ärgerlich, wenn man trotz korrekten Verhaltes nur deshalb über Mehrergebnisse diskutieren muss, weil die von der Finanzverwaltung geforderten formellen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Um steuerlichen Beratern und ihren Mandanten die unvermeidliche Erstellung von Verfahrensdokumentationen zu erleichtern, hat sich innerhalb von COLLEGA e.V. eine Arbeitsgemeinschaft von Steuerberatern gebildet, die als Basis für Musterverfahrensdokumentationen Schilderungen aus der Praxis für Kollegen und Mandanten niederschreibt und sie Interessierten zur Verfügung stellt. Wer möchte, kann mitarbeiten oder Ergebnisse anfordern. Link
Hinweis von Herrn Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Andreas L. Huber, Freising. Danke!
COLLEGA-Wochen-Ticker 06/2016
08.02.2016